Den Letzten beißen die Hunde…

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Aktueller Beitrag
08/2025

 

BGH Urteil vom 06.03.2025 – IX ZR 234-23 – Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters – den letzten beißen die Hunde?

 

Einleitung:

Wird über das Vermögen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft (z.B. GbR, OHG, KG) ein Insolvenzverfahren eröffnet, führt dies in der Regel zu seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft. Sein Anteil am Gesellschaftsvermögen wächst den verbliebenen Gesellschaftern zu. Die Gesellschaft selbst bleibt trotz Ausscheiden eines Gesellschafters bestehen.

Verbleibt jedoch nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters nur noch ein Gesellschafter, erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation. Das Gesellschaftsvermögen geht samt Verbindlichkeiten auf den letztverbliebenen Gesellschafter über.

Ist auch über das Vermögen der Gesellschaft selbst die Insolvenz eröffnet, wird sich der letztverbliebene Gesellschafter in dieser Situation meist fragen, in welcher Form er für offene Forderungen von Gläubigern gegenüber der Gesellschaft einzustehen hat. Dies gilt insbesondere, wenn er zuvor nur beschränkt haftender Gesellschafter war (z.B. als Kommanditist).  Aus Sicht der Gläubiger der Gesellschaft sowie der persönlichen Gläubiger des letztverbliebenen Gesellschafters stellt sich umgekehrt die Frage, wem nun die Vermögensgegenstände der Gesellschaft als Haftungsmasse zur Verfügung stehen, die dem letztverbliebenen Gesellschafter angewachsen sind (bspw. Immobilienvermögen der Gesellschaft).

 

Das Urteil des BGH vom 06.03.2025 – IX ZR 234/23:

Der BGH hat sich jüngst zu diesen Fragen in einem Urteil geäußert, dem die o.g. Konstellation aus Sicht des klagenden Insolvenzverwalters der Gesellschaft zugrunde lag.

In dem Verfahren wurde über das Vermögen einer GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet, obwohl zuvor bereits der vorletzte Gesellschafter (eine Schweizer AG) wegen Vermögenslosigkeit aus dem Schweizer Handelsregister gelöscht und somit auch aus der GmbH & Co. KG ausgeschieden war.

Die vom Insolvenzverwalter der Gesellschaft beklagte Komplementärin verteidigte sich damit, dass der Insolvenzverwalter gar nicht befugt sei, Ansprüche der Gesellschaft gegen den Komplementär geltend zu machen, da die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung wegen des Ausscheidens der Schweizer AG aufgrund Vermögenslosigkeit nicht mehr existierte. Der Insolvenzeröffnungsbeschluss über die Gesellschaft und die Bestellung des Klägers als Insolvenzverwalter sei daher nichtig. Das Vermögen der Gesellschaft unterfalle mithin nicht dem Insolvenzbeschlag und damit auch nicht dem Verwaltungsrecht des klagenden Insolvenzverwalters. Etwaige Ansprüche der Gesellschaft seien auf den Komplementär übergegangen. Das Berufungsgericht folgte der Verteidigung des Beklagten. Dies hatte vor dem BGH allerdings keinen Bestand.

Der BGH lehnt dies in seiner Entscheidung ab und urteilte, dass ein eigenes Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet worden sei (sog. Partikularverfahren) und dem Insolvenzverwalter damit das Recht zustehe, Ansprüche der Gesellschaft gegen die Komplementärin zu verfolgen.

In seiner Begründung führt der BGH sodann aus, dass in dem Partikularverfahren der letztverbliebene Gesellschafter zwar weiterhin Insolvenzschuldner sein soll. Das übergegangene Vermögen der Gesellschaft jedoch beim Komplementär eine besondere Vermögensmasse bilde, die von seinem weiteren Vermögen zu trennen sei. Der Komplementär fungiere lediglich Träger dieses Sondervermögens. Das Vertrauen der (bisherigen) Gesellschaftsgläubiger auf den Erhalt des zugriffsfähigen Vermögens unter Ausschluss der persönlichen Gläubiger des verbliebenen Gesellschafters sei schutzwürdig. Umgekehrt könne der Schutz der Gesellschaftsgläubiger ein auf das Gesellschaftsvermögen beschränktes Insolvenzverfahren und den damit verbundenen Ausschluss der persönlichen Gläubiger des verbliebenen Gesellschafters erfordern. Dies gelte auch dann, wenn der letztverbliebene Gesellschafter mit seinem persönlichen Vermögen einzustehen habe (z.B. als Komplementär).

 

Praxishinweis:

Das Insolvenzrecht kennt Insolvenzverfahren über Vermögensmassen, die nicht allen Gläubigern gleichermaßen haften. Ist nur eine solche Vermögensmasse erfasst, ist regelmäßig auch der Kreis der am Verfahren zu beteiligenden Gläubiger beschränkt.

Gläubiger der Gesellschaft konkurrieren nicht hinsichtlich der Vermögensgegenstände der Gesellschaft mit den persönlichen Gläubigern des letztverbliebenen Gesellschafters.

Eine zuvor beschränkte Haftung des letztverbliebenen Gesellschafters (bspw. als Kommanditist) führt lediglich dazu, dass er die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen zu dulden hat. Die persönliche Haftung eines Komplementärs gegenüber den Gläubigern der vormals existierenden Personengesellschaft besteht dagegen daneben fort.

Wird ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer unbemerkt bereits vollbeendeten Gesellschaft eröffnet, handelt es sich um ein von Anfang an wirksames Partikularinsolvenzverfahren über das Gesellschaftsvermögen in der Trägerschaft des letztverbliebenen Gesellschafters. Scheidet der vorletzte Gesellschafter erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen aus der Gesellschaft aus, wird das Insolvenzverfahren der Gesellschaft in ein Partikularverfahren übergeleitet.

 

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